Beziehung & dissoziale Persönlichkeitsstörung

 

Die dissoziale Persönlichkeitsstörung (auch bekannt als antisoziale Persönlichkeitsstörung, ASPD) ist eine tiefgreifende Störung des Sozialverhaltens und der emotionalen Verarbeitung, die sich massiv auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirkt. Menschen mit dieser Störung zeigen ein durchgängiges Muster von Missachtung und Verletzung der Rechte anderer. Beziehungen zu führen ist für sie oft problematisch – sowohl auf emotionaler als auch auf praktischer Ebene.

Hier folgt eine ausführliche Darstellung, wie sich die dissoziale Persönlichkeitsstörung auf Beziehungen auswirkt:


1. Kernmerkmale der dissozialen Persönlichkeitsstörung

Die dissoziale Persönlichkeitsstörung ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet (nach ICD-10/DSM-5):

  • Mangel an Empathie

  • Geringes Schuldbewusstsein oder Reue

  • Impulsivität

  • Verantwortungslosigkeit

  • Häufiges Lügen oder Täuschung

  • Missachtung sozialer Normen

  • Reizbarkeit und Aggressivität


2. Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen

2.1 Romantische Beziehungen

Menschen mit dissozialer Persönlichkeitsstörung haben oft Schwierigkeiten, stabile, liebevolle Beziehungen aufzubauen oder aufrechtzuerhalten.

Typische Merkmale:

  • Instrumentalisierung des Partners: Partner werden häufig manipuliert oder ausgenutzt (emotional, finanziell, sexuell).

  • Oberflächliche Bindungen: Emotionale Tiefe fehlt oft; Zuneigung kann gespielt oder vorgetäuscht sein.

  • Untreue und impulsives Verhalten: Häufige Affären, riskantes sexuelles Verhalten oder plötzliche Trennungen sind keine Seltenheit.

  • Gewalt und Missbrauch: In schweren Fällen kommt es zu emotionaler, psychischer oder physischer Gewalt.

  • Verantwortungslosigkeit: Zum Beispiel bei gemeinsamen Kindern oder finanziellen Verpflichtungen.

2.2 Freundschaften

Auch Freundschaften sind oft oberflächlich, instabil oder auf Zweckmäßigkeit begrenzt.

Typische Merkmale:

  • Mangel an Loyalität: Freundschaften enden oft abrupt, z. B. wenn der andere nicht mehr nützlich ist.

  • Manipulation und Dominanz: Freunde können kontrolliert, beeinflusst oder gegeneinander ausgespielt werden.

  • Grenzverletzungen: Persönliche Grenzen werden ignoriert oder absichtlich übertreten.

2.3 Familienbeziehungen

Auch innerhalb der Familie treten häufig gravierende Störungen auf:

  • Frühkindliche Beziehungsschwierigkeiten: Bereits in der Kindheit zeigen sich oft Verhaltensauffälligkeiten (z. B. Lügen, Stehlen, Gewalt).

  • Ablehnung von Regeln und Autoritäten: Eltern-Kind-Beziehungen sind häufig konflikthaft.

  • Spaltung und Konflikte: In der erweiterten Familie können Betroffene Zwietracht säen oder Konfrontationen verursachen.


3. Beziehungsdynamiken

Bestimmte Dynamiken sind in Beziehungen mit dissozialen Persönlichkeiten besonders häufig:

3.1 Gaslighting

Ein häufiges Manipulationsmuster: Die Wahrnehmung des Partners wird absichtlich verzerrt, sodass dieser an sich selbst zweifelt.

3.2 Love Bombing und Entwertung

Zu Beginn zeigen viele Betroffene stark idealisierendes Verhalten (Love Bombing), das jedoch bald in Abwertung und Missbrauch übergeht.

3.3 Wechsel zwischen Nähe und Distanz

Emotionale Unverfügbarkeit, Rückzug und plötzliche Zuwendung schaffen ein unvorhersehbares Klima, das den Partner emotional destabilisiert.


4. Warum gehen Menschen überhaupt Beziehungen mit dissozialen Personen ein?

  • Charme und Oberflächlichkeit: Viele dissoziale Personen sind anfangs charmant, überzeugend und selbstsicher.

  • Mangel an Empathie wird nicht sofort erkannt

  • Co-abhängigkeit und psychologische Muster: Manche Menschen fühlen sich zu "verletzten Seelen" hingezogen oder glauben, sie „heilen“ zu können.


5. Therapeutische Perspektive

5.1 Für Betroffene (Partner/Familie)

  • Psychoedukation: Verstehen, mit welcher Störung man es zu tun hat.

  • Selbstschutz: Emotionale und ggf. physische Distanz, Grenzen setzen.

  • Therapie und Beratung: Unterstützung bei Trennung, Verarbeitung von Missbrauch oder Traumatisierung.

5.2 Für Menschen mit dissozialer Persönlichkeitsstörung

  • Psychotherapie (z. B. Verhaltenstherapie): Sehr herausfordernd, da Betroffene selten Einsicht zeigen.

  • Gruppentherapien oder forensische Settings: In kontrollierten Umfeldern können gewisse Fortschritte möglich sein.

  • Motivation: Behandlung funktioniert am besten, wenn eine gewisse Eigenmotivation oder ein äußerer Druck (z. B. rechtlich) besteht.


6. Fazit

Beziehungen mit Menschen, die eine dissoziale Persönlichkeitsstörung aufweisen, sind oft von Manipulation, Missbrauch und Instabilität geprägt. Während die Betroffenen selbst häufig kein Leidensempfinden im zwischenmenschlichen Bereich zeigen, tragen ihre Partner, Freunde oder Familienmitglieder häufig die emotionale Last. Frühe Warnzeichen zu erkennen und gesunde Grenzen zu setzen ist essenziell, um sich vor psychischem Schaden zu schützen.