
Was sind affektive Störungen
Affektive Störungen sind psychische Erkrankungen, die durch erhebliche Veränderungen der Stimmungslage gekennzeichnet sind. Diese Störungen betreffen die Emotionen und das allgemeine Wohlbefinden der betroffenen Person und können in Form von extremen Stimmungshochs (Manie) oder Stimmungstiefs (Depression) auftreten. Die Stimmungsschwankungen sind oft intensiver und langanhaltender als normale, vorübergehende emotionale Reaktionen auf Alltagssituationen und beeinträchtigen die Lebensqualität und Funktionsfähigkeit der Betroffenen erheblich.
Haupttypen affektiver Störungen
Es gibt mehrere Formen affektiver Störungen, die sich in ihrem Erscheinungsbild und den dominierenden Stimmungsschwankungen unterscheiden:
1. Depressive Störungen
Depression ist eine der häufigsten affektiven Störungen und wird durch anhaltende Niedergeschlagenheit und Verlust von Interesse oder Freude an Aktivitäten gekennzeichnet. Betroffene können Gefühle von Hoffnungslosigkeit, Schuld und Wertlosigkeit entwickeln. Es gibt verschiedene Formen der Depression, darunter:
- Major Depression (Schwere Depression): Dies ist eine Episode von schwerer, anhaltender Traurigkeit oder Verlust von Interesse an Aktivitäten, die mindestens zwei Wochen andauert. Sie geht oft mit Schlafproblemen, Appetitlosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Erschöpfung und Suizidgedanken einher.
- Dysthymie (Persistierende depressive Störung): Dies ist eine weniger schwere, aber chronische Form der Depression, die mindestens zwei Jahre andauert. Die Symptome sind milder als bei einer Major Depression, aber langfristig beeinträchtigend.
- Saisonale affektive Störung (SAD): Diese Form der Depression tritt in den dunkleren Herbst- und Wintermonaten auf und wird durch Lichtmangel ausgelöst. Sie geht mit ähnlichen Symptomen wie bei einer Major Depression einher, kann aber von Jahr zu Jahr wiederkehren.
2. Bipolare Störung
Die bipolare Störung ist durch extreme Schwankungen zwischen Manie (oder Hypomanie, einer abgeschwächten Form) und Depression gekennzeichnet. Es gibt verschiedene Untertypen:
- Bipolar I Störung: Diese Form umfasst extreme manische Episoden, die mindestens eine Woche andauern oder eine sofortige medizinische Behandlung erfordern, sowie depressive Episoden, die zwei Wochen oder länger dauern können.
- Bipolar II Störung: Betroffene erleben hypomanische Episoden, die milder als Manien sind, sowie schwere depressive Episoden. Die Depressionen sind oft länger und intensiver, während die Hypomanie weniger gravierend ist.
- Zyklothymie: Dies ist eine mildere Form der bipolaren Störung, bei der es über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren zu schwankenden, aber weniger schweren manischen und depressiven Episoden kommt.
3. Manie und Hypomanie
Manische Episoden sind durch eine extrem gesteigerte Stimmung, Energie und Aktivität gekennzeichnet. Menschen, die eine Manie erleben, können extrem fröhlich oder reizbar sein, sehr wenig schlafen, impulsiv handeln und ein übertriebenes Selbstbewusstsein entwickeln. Beispiele für manisches Verhalten sind:
- Übertriebene Euphorie oder Reizbarkeit
- Erhöhtes Redebedürfnis und schnelles Denken
- Impulsives Verhalten, wie riskante finanzielle Entscheidungen oder Promiskuität
- Schlaflosigkeit (ohne sich müde zu fühlen)
- Größenwahn oder unrealistische Pläne
Hypomanie ist eine abgeschwächte Form der Manie, bei der die Symptome weniger extrem sind und die betroffene Person oft noch weitgehend funktionsfähig bleibt. Bei Hypomanie sind die Verhaltensänderungen weniger ausgeprägt und beeinträchtigen das Leben weniger stark.
Ursachen und Risikofaktoren affektiver Störungen
Die genauen Ursachen affektiver Störungen sind nicht vollständig geklärt, aber mehrere Faktoren können eine Rolle spielen:
- Genetische Veranlagung: Affektive Störungen treten häufig familiär gehäuft auf, was auf eine genetische Komponente hinweist. Menschen mit einer familiären Vorgeschichte von Depressionen oder bipolaren Störungen haben ein erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken.
- Neurobiologische Faktoren: Störungen in der Regulierung bestimmter Neurotransmitter, wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin, spielen eine Schlüsselrolle bei affektiven Störungen. Diese chemischen Botenstoffe im Gehirn sind für die Stimmung und Emotionen verantwortlich.
- Psychosoziale Stressoren: Belastende Lebensereignisse wie der Verlust eines geliebten Menschen, Trennungen, Arbeitsplatzverlust oder andere Traumata können affektive Störungen auslösen oder verschlimmern.
- Umweltfaktoren: Chronischer Stress, Missbrauch in der Kindheit, Vernachlässigung oder soziale Isolation können ebenfalls das Risiko erhöhen, eine affektive Störung zu entwickeln.
- Hormonelle Veränderungen: Hormonschwankungen, etwa während der Pubertät, der Schwangerschaft oder der Menopause, können ebenfalls die Stimmung beeinflussen und affektive Störungen begünstigen.
Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen
Affektive Störungen können tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben, sowohl beruflich als auch privat. Einige Beispiele:
- Berufliche und schulische Leistungsprobleme: Aufgrund von Konzentrationsschwierigkeiten, Energiemangel oder übermäßiger Erregbarkeit können Menschen mit affektiven Störungen Schwierigkeiten haben, ihre täglichen Aufgaben zu bewältigen oder langfristige Ziele zu erreichen.
- Beziehungsprobleme: Stimmungsschwankungen und emotionale Instabilität können zu Konflikten und Missverständnissen in zwischenmenschlichen Beziehungen führen. Menschen mit Depressionen ziehen sich oft zurück, während Manien oder Hypomanien zu impulsivem oder unangemessenem Verhalten führen können.
- Erhöhtes Risiko für Suizid: Besonders bei schwerer Depression besteht ein erhöhtes Risiko für Suizidgedanken oder Suizidversuche. Bei bipolarer Störung ist das Risiko in depressiven Phasen besonders hoch, aber auch während manischer Episoden kann impulsives Verhalten gefährlich sein.
Diagnose von affektiven Störungen
Die Diagnose einer affektiven Störung erfolgt in der Regel durch einen Facharzt oder Psychologen. Sie basiert auf einer gründlichen Anamnese, der Beobachtung von Symptomen und dem Ausschluss anderer Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen könnten. Zu den wichtigen Diagnosekriterien gehören:
- Die Dauer und Schwere der Symptome
- Auswirkungen auf den Alltag und die Funktionsfähigkeit
- Häufigkeit und Art von manischen oder depressiven Episoden
- Familiäre Krankheitsgeschichte und psychosoziale Faktoren
Komorbiditäten bei affektiven Persönlichkeitsstörungen
Affektive Persönlichkeitsstörungen wie die Borderline-Persönlichkeitsstörung gehen oft mit weiteren psychischen Störungen einher. Häufige Komorbiditäten sind:
- Affektive Störungen (Depressionen und bipolare Störungen):
- Eine hohe Anzahl von Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung leidet unter Depressionen, da emotionale Instabilität zu starken Stimmungstiefs führen kann. Auch bipolare Störungen, bei denen sich depressive und manische Episoden abwechseln, treten häufiger bei Borderline auf.
- Angststörungen:
- Generalisierte Angststörung, Panikstörungen und soziale Ängste sind weit verbreitet. Die Angst, verlassen zu werden oder Erwartungen nicht gerecht zu werden, verstärkt die Grundproblematik und führt zu Rückzugs- oder Fluchtverhalten.
- Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS):
- Da traumatische Erlebnisse in der Kindheit (z. B. Vernachlässigung oder Missbrauch) als Risikofaktor für Borderline gelten, entwickeln einige Betroffene PTBS-Symptome wie Flashbacks und erhöhte Schreckhaftigkeit.
- Essstörungen:
- Personen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden oft an Essstörungen wie Bulimie oder Binge-Eating-Störungen. Diese Störungen entstehen häufig als Bewältigungsmechanismen zur Regulierung intensiver Gefühle.
- Substanzmissbrauch:
- Der Konsum von Drogen und Alkohol wird oft als kurzfristiger Ausweg genutzt, um emotionale Krisen zu bewältigen, führt jedoch häufig zu Abhängigkeiten und verstärkt die Probleme langfristig.
- Dissoziative Störungen:
- Einige Betroffene erleben dissoziative Episoden, in denen sie das Gefühl haben, von sich selbst oder der Umwelt losgelöst zu sein. Diese Symptome treten oft in stressigen Situationen auf und sind als Schutzmechanismus gegen emotionale Überforderung zu verstehen.
- Weitere Persönlichkeitsstörungen:
- Es besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass Betroffene auch andere Persönlichkeitsstörungen wie narzisstische, dependente oder antisoziale Persönlichkeitsstörungen entwickeln. Die Überlagerung dieser Störungen kann zu komplexeren Symptomen und schwereren Beziehungskonflikten führen.
Behandlung affektiver Störungen
Affektive Störungen können in der Regel erfolgreich behandelt werden, auch wenn die Erkrankung oft chronisch verläuft und eine langfristige Therapie erfordert.
- Medikamentöse Behandlung
- Antidepressiva: Diese Medikamente werden häufig bei depressiven Störungen eingesetzt, um den Serotonin- und Noradenalinspiegel im Gehirn zu regulieren.
- Stimmungsstabilisatoren: Diese werden besonders bei bipolaren Störungen eingesetzt, um extreme Stimmungsschwankungen zu verhindern. Ein bekanntes Beispiel ist Lithium.
- Antipsychotika: Diese Medikamente werden manchmal bei schweren manischen Episoden oder bei gemischten Zuständen von Manie und Depression eingesetzt.
- Psychotherapie
- Kognitive Verhaltenstherapie (CBT): CBT hilft Patienten, negative Denkmuster zu erkennen und zu verändern und somit ihre Stimmung zu stabilisieren.
- Interpersonelle Therapie (IPT): Diese Therapie konzentriert sich auf die Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen und den Umgang mit Lebenskrisen oder sozialen Stressoren, die zur Störung beitragen.
- Psychoedukation: Dies ist ein wichtiger Teil der Behandlung, bei dem Patienten und ihre Angehörigen über die Störung informiert werden, um die Symptome besser zu verstehen und bewältigen zu können.
- Lifestyle-Veränderungen und Selbsthilfe
- Regelmäßige Bewegung und gesunde Ernährung: Körperliche Aktivität und eine ausgewogene Ernährung haben positive Auswirkungen auf die Stimmung und das Wohlbefinden.
- Stressmanagement: Techniken wie Meditation, Achtsamkeit oder Atemübungen können helfen, emotionale Ausgeglichenheit zu fördern.
- Soziale Unterstützung: Der Aufbau eines starken sozialen Netzwerks oder der Beitritt zu Selbsthilfegruppen kann den Betroffenen helfen, sich weniger isoliert zu fühlen und ihre emotionalen Belastungen zu teilen.
Fazit
Affektive Störungen umfassen eine Reihe von psychischen Erkrankungen, die das emotionale Gleichgewicht einer Person stark beeinträchtigen. Sie können als Depression oder bipolare Störung auftreten und sind mit intensiven Stimmungsschwankungen verbunden, die das tägliche Leben erheblich beeinflussen. Trotz ihrer Schwere können affektive Störungen durch eine Kombination aus Medikamenten, Psychotherapie und Lifestyle-Veränderungen gut behandelt werden. Eine frühzeitige Diagnose und eine angepasste Therapie sind entscheidend, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und schwerwiegende Folgen wie Suizidgedanken zu verhindern.