
Was ist Substanzmissbrauch?
Substanzmissbrauch bezeichnet den übermäßigen und wiederholten Konsum psychoaktiver Substanzen (z. B. Alkohol, Drogen oder Medikamente), der zu gesundheitlichen, psychischen und sozialen Problemen führt. Dabei bleibt der Konsum nicht mehr in einem kontrollierbaren Rahmen und beeinträchtigt das tägliche Leben, die Beziehungen, die Arbeitsleistung und oft die Gesundheit der betroffenen Person.
Kernmerkmale des Substanzmissbrauchs
- Verlust der Kontrolle
- Personen mit Substanzmissbrauch neigen dazu, die Menge oder Häufigkeit des Konsums nicht mehr kontrollieren zu können, auch wenn sie sich vornehmen, weniger zu konsumieren oder aufzuhören.
- Hohes Verlangen (Craving)
- Ein starkes, nahezu unwiderstehliches Verlangen nach der Substanz führt oft zu Rückfällen und verstärktem Konsum, selbst wenn die Person die negativen Folgen kennt.
- Toleranzentwicklung und Dosissteigerung
- Mit zunehmendem Konsum muss die Dosis oft gesteigert werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen, da sich der Körper an die Substanz gewöhnt (Toleranzbildung).
- Entzugssymptome bei Absetzen
- Ein abruptes Beenden oder Reduzieren des Konsums kann zu Entzugserscheinungen führen, die körperlicher oder psychischer Natur sein können (z. B. Zittern, Unruhe, Angst oder Depressionen).
- Vernachlässigung sozialer und beruflicher Verpflichtungen
- Aufgrund der starken Fixierung auf den Konsum werden andere Lebensbereiche wie Arbeit, Familie und Freundschaften vernachlässigt oder belastet. Es kann zu Konflikten und sozialer Isolation kommen.
- Konsumbedingtes Risikoverhalten
- Der Konsum erfolgt häufig trotz klarer negativer Konsequenzen, wie gesundheitlichen Problemen oder rechtlichen Folgen. Risikoverhalten kann zu gefährlichen Situationen führen, etwa zu Unfällen unter Einfluss von Alkohol oder Drogen.
Ursachen und Risikofaktoren
Substanzmissbrauch wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst:
- Genetische Veranlagung: Die Anfälligkeit für Abhängigkeit kann genetisch bedingt sein. In Familien mit Abhängigkeitserkrankungen besteht oft ein erhöhtes Risiko für Substanzmissbrauch.
- Psychische Faktoren: Häufig spielen psychische Probleme wie Depressionen, Angststörungen, Traumata oder niedriges Selbstwertgefühl eine Rolle. Substanzen werden oft genutzt, um unangenehme Emotionen zu betäuben oder zu bewältigen.
- Soziale und gesellschaftliche Einflüsse: Soziale Faktoren wie Peer-Pressure, leichter Zugang zu Substanzen und gesellschaftliche Akzeptanz (z. B. von Alkohol) können den Konsum fördern.
- Umweltfaktoren und Erlebnisse: Menschen, die Stress, Armut oder Missbrauch erfahren, haben ein höheres Risiko für Substanzmissbrauch, da sie häufiger Bewältigungsstrategien suchen.
Folgen von Substanzmissbrauch
- Physische Folgen: Langfristiger Substanzmissbrauch kann zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen, wie Leberschäden (Alkohol), Lungenschäden (Tabak, Drogen), Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Hirnschäden.
- Psychische Folgen: Es kann zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, kognitiven Einschränkungen oder Psychosen kommen. Auch das Risiko für Suizidgedanken und -handlungen ist erhöht.
- Soziale und wirtschaftliche Folgen: Menschen mit Substanzmissbrauch haben oft Schwierigkeiten, Arbeit und Beziehungen aufrechtzuerhalten. Der Substanzkonsum kann zu finanziellen Schwierigkeiten und sozialer Isolation führen.
- Rechtliche Probleme: Drogenbesitz oder Verhalten unter Drogeneinfluss (z. B. Autofahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss) kann zu Konflikten mit dem Gesetz führen.
Komorbiditäten bei Substanzmissbrauch beziehen sich auf das gleichzeitige Auftreten von Substanzmissbrauchsstörungen und anderen psychischen oder physischen Erkrankungen. Die Kombination solcher Störungen kann die Schwere der Symptome und die Komplexität der Behandlung erheblich erhöhen. Komorbide Erkrankungen treten häufig auf, da der Substanzkonsum das Risiko für psychische oder physische Erkrankungen steigern oder bereits bestehende Probleme verschlimmern kann.
Häufige psychische Komorbiditäten bei Substanzmissbrauch
- Angststörungen: Menschen mit Substanzmissbrauchsstörungen, insbesondere von Alkohol, Benzodiazepinen oder Cannabis, zeigen häufig Symptome von Angststörungen. Der Substanzkonsum wird dabei oft als Versuch eingesetzt, Ängste zu mindern, kann jedoch die Symptome langfristig verschlimmern und ein Teufelskreis aus Vermeidung und Abhängigkeit entsteht.
- Depressionen: Depressionen sind besonders häufig bei Menschen, die Substanzen wie Alkohol und Stimulanzien konsumieren. Die Substanzen können anfänglich stimmungsaufhellend wirken, verschärfen aber langfristig depressive Symptome. Die Abhängigkeit und ihre Auswirkungen auf das Leben können depressive Episoden intensivieren und den Weg aus der Sucht erschweren.
- Bipolare Störung: Menschen mit bipolarer Störung neigen dazu, in manischen Phasen Substanzen wie Alkohol, Kokain oder Amphetamine zu missbrauchen, um die Intensität der Euphorie zu steigern. In depressiven Phasen kann Substanzmissbrauch ebenfalls als „Selbstmedikation“ genutzt werden, was das Risiko von Rückfällen und negativen Folgen der bipolaren Störung erhöht.
- Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Substanzmissbrauch tritt bei PTBS oft als Bewältigungsstrategie auf, um die Erinnerungen und das emotionale Leid zu lindern. Alkohol und andere Beruhigungsmittel werden dabei häufig konsumiert. Der Missbrauch kann die Traumaverarbeitung blockieren und die PTBS-Symptome verstärken.
- Schizophrenie und psychotische Störungen: Substanzen wie Cannabis, Halluzinogene und Stimulanzien werden bei Menschen mit Schizophrenie oft missbraucht, was psychotische Symptome verschlimmern kann. Der Konsum kann zu einer Verschlechterung der Schizophrenie und einem häufigeren Auftreten psychotischer Episoden führen.
Physische Komorbiditäten bei Substanzmissbrauch
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Drogen wie Kokain und Amphetamine können das Risiko von Bluthochdruck, Herzinfarkten und Schlaganfällen erhöhen. Alkoholmissbrauch kann zu einer Schwächung des Herzmuskels und zu Herzrhythmusstörungen führen.
- Lebererkrankungen: Besonders bei Alkoholabhängigkeit kommt es oft zu Leberschäden, einschließlich Fettleber, Hepatitis und Leberzirrhose. Auch bestimmte verschreibungspflichtige Medikamente oder Injektionsdrogen können die Leber stark belasten.
- Infektionskrankheiten: Intravenöse Drogenkonsumenten haben ein erhöhtes Risiko für Infektionskrankheiten wie HIV, Hepatitis B und C. Diese Krankheiten verbreiten sich leicht durch die gemeinsame Benutzung von Nadeln und unhygienische Injektionsmethoden.
- Atemwegserkrankungen: Substanzen wie Tabak, Cannabis und Crack-Kokain können zu chronischen Lungenerkrankungen wie COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und Lungenkrebs führen.
- Neurologische Erkrankungen: Der chronische Konsum neurotoxischer Substanzen wie Methamphetamin, Alkohol und Ecstasy kann Nervenschäden, Gedächtnisstörungen und kognitive Defizite verursachen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Substanzmissbrauch erfordert oft einen multidisziplinären Ansatz und richtet sich nach der individuellen Situation der betroffenen Person:
- Entgiftung und Entzug: Bei schweren Abhängigkeiten kann eine medizinisch überwachte Entgiftung erforderlich sein, um die körperlichen Entzugssymptome zu kontrollieren und zu bewältigen.
- Psychotherapie: Verhaltenstherapien, wie die kognitive Verhaltenstherapie (CBT), können helfen, die Ursachen des Substanzmissbrauchs zu verstehen, alternative Verhaltensweisen zu entwickeln und Auslöser für Rückfälle zu vermeiden.
- Medikamente: In einigen Fällen können Medikamente helfen, Entzugssymptome zu lindern oder das Verlangen zu reduzieren (z. B. bei Alkoholabhängigkeit oder Opioidsucht).
- Selbsthilfegruppen: Gruppen wie die Anonymen Alkoholiker (AA) oder die Anonymen Drogenabhängigen (NA) bieten eine unterstützende Gemeinschaft, um mit Gleichgesinnten Erfahrungen auszutauschen und Rückfälle zu verhindern.
- Langfristige Rehabilitation: Stationäre Rehabilitationsprogramme können langfristig Stabilität bieten und Menschen helfen, in ein drogenfreies Leben zurückzukehren.
Fazit
Substanzmissbrauch ist eine ernsthafte Erkrankung, die die Gesundheit, das Wohlbefinden und das soziale Umfeld der betroffenen Person beeinträchtigt. Durch Therapie, soziale Unterstützung und langfristige Verhaltensänderungen können Betroffene jedoch lernen, den Substanzkonsum zu kontrollieren und wieder ein gesundes, ausgeglichenes Leben zu führen.