
Was ist gesteigertes sexuelles Verlangen?
Gesteigertes sexuelles Verlangen, auch als Hypersexualität oder umgangssprachlich Sexsucht bezeichnet, beschreibt einen übermäßigen, zwanghaften oder schwer kontrollierbaren Sexualtrieb. Betroffene verspüren ein intensives Verlangen nach sexueller Aktivität, das über das hinausgeht, was als "normales" sexuelles Interesse betrachtet wird. Dieses Verhalten kann zu persönlichen, beruflichen und zwischenmenschlichen Problemen führen und das tägliche Leben stark beeinträchtigen.
Merkmale von gesteigertem sexuellem Verlangen
- Zwanghaftes sexuelles Verhalten: Betroffene haben den Drang, immer wieder sexuelle Aktivitäten auszuüben, selbst wenn sie negative Konsequenzen haben, wie Schuldgefühle, soziale Probleme oder gesundheitliche Risiken.
- Übermäßiger Konsum von Pornografie oder Masturbation: Häufig verbringen Betroffene viel Zeit mit sexuellen Fantasien, Pornografie oder Masturbation, oft auf Kosten von Arbeit, Beziehungen oder anderen Verpflichtungen.
- Suche nach häufig wechselnden Sexualpartnern: Oft besteht ein starkes Bedürfnis, viele unterschiedliche Partner zu haben, was das Risiko von emotionalen und physischen Komplikationen wie Geschlechtskrankheiten erhöht.
- Verlust der Kontrolle: Es fällt den Betroffenen schwer, ihr Verhalten zu kontrollieren, selbst wenn sie sich der negativen Auswirkungen bewusst sind. Sie fühlen sich unfähig, den Drang nach sexuellen Aktivitäten zu stoppen.
- Sexuelles Verhalten als Flucht: Viele Betroffene nutzen sexuelles Verhalten, um mit negativen Emotionen wie Angst, Stress, Depression oder Langeweile umzugehen.
- Wiederholtes Scheitern, das Verhalten einzuschränken: Trotz des Wunsches, das Verhalten zu reduzieren oder zu stoppen, gelingt es oft nicht, die Kontrolle zu erlangen, was zu einem Teufelskreis aus Scham und wiederholtem Verhalten führt.
Ursachen von gesteigertem sexuellem Verlangen
Die Ursachen von Hypersexualität sind oft vielschichtig und beinhalten sowohl biologische als auch psychologische und soziale Faktoren:
- Biologische Faktoren:
- Hormonelle Ungleichgewichte: Erhöhte Testosteronspiegel oder andere hormonelle Störungen können zu einem gesteigerten Sexualtrieb führen.
- Neurologische Ursachen: Veränderungen im Gehirn, etwa durch Hirnverletzungen oder neurologische Erkrankungen, können zu einer unkontrollierten Sexualität führen.
- Medikamenten- oder Substanzeinflüsse: Bestimmte Medikamente, insbesondere solche zur Behandlung von Parkinson (z. B. Dopaminagonisten), können Hypersexualität als Nebenwirkung haben.
- Psychologische Faktoren:
- Emotionale Probleme: Viele Menschen mit gesteigertem Sexualverlangen haben ungelöste emotionale Probleme, wie Depressionen, Angstzustände oder geringes Selbstwertgefühl. Sexuelles Verhalten wird manchmal als Bewältigungsmechanismus verwendet.
- Trauma und Missbrauch: Frühere sexuelle oder emotionale Traumata können zu Hypersexualität führen, da Betroffene Schwierigkeiten haben, gesunde Beziehungen zu Sexualität aufzubauen.
- Soziale und Umweltfaktoren:
- Einfluss von Medien und Technologie: Der leichte Zugang zu Pornografie im Internet kann dazu führen, dass manche Menschen ein übersteigertes Verlangen nach sexueller Stimulation entwickeln.
- Soziale Isolation: Mangel an emotionaler Nähe oder Einsamkeit kann dazu führen, dass sich Menschen übermäßig in sexuelle Fantasien oder Aktivitäten flüchten.
Auswirkungen von gesteigertem sexuellem Verlangen
Gesteigertes sexuelles Verlangen kann erhebliche negative Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben:
- Zwischenmenschliche Probleme: Übermäßiges sexuelles Verhalten kann Beziehungen belasten, da Partner sich vernachlässigt, betrogen oder emotional distanziert fühlen. Häufige Affären oder zwanghaftes Verhalten können zu Vertrauensbrüchen führen.
- Berufliche und finanzielle Schwierigkeiten: Menschen mit Hypersexualität können Schwierigkeiten haben, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, was zu schlechter Leistung oder sogar zu Arbeitsplatzverlust führen kann. Zudem können sie finanzielle Ressourcen für sexuelle Aktivitäten oder Dienstleistungen verschwenden.
- Emotionale und psychische Belastungen: Hypersexualität geht oft mit Schuldgefühlen, Scham und geringem Selbstwertgefühl einher. Der Teufelskreis aus Verlangen, Befriedigung und anschließender Reue kann psychisch sehr belastend sein.
- Gesundheitsrisiken: Häufige wechselnde Sexualpartner erhöhen das Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten. Auch das Risiko, dass die Betroffenen durch ihre Sexualität physisch oder psychisch ausgebeutet werden, steigt.
Behandlung von gesteigertem sexuellem Verlangen
Die Behandlung von Hypersexualität hängt von den individuellen Umständen ab und kann sowohl psychologische als auch medizinische Ansätze umfassen:
- Psychotherapie:
- Kognitive Verhaltenstherapie (CBT): Diese Therapieform hilft, schädliche Denkmuster zu identifizieren und durch gesunde Verhaltensweisen zu ersetzen. Sie fördert auch die Fähigkeit, mit Stress oder emotionalen Belastungen umzugehen, ohne auf sexuelles Verhalten zurückzugreifen.
- Sexualtherapie: Ein Sexualtherapeut kann helfen, gesunde Einstellungen zur Sexualität zu entwickeln und zwanghafte Verhaltensweisen zu verstehen und zu reduzieren.
- Traumatherapie: Für Personen, die in der Vergangenheit sexuelle oder emotionale Traumata erlebt haben, kann eine Traumatherapie hilfreich sein.
- Medikamentöse Behandlung:
- In einigen Fällen können Medikamente eingesetzt werden, um das sexuelle Verlangen zu dämpfen oder andere zugrunde liegende psychische Störungen wie Depressionen oder Angstzustände zu behandeln.
- Antidepressiva oder Hormonblocker können manchmal eingesetzt werden, um das Verlangen zu reduzieren.
- Selbsthilfegruppen:
- Ähnlich wie bei anderen Suchterkrankungen gibt es Selbsthilfegruppen für Menschen mit Hypersexualität (z. B. Sexaholics Anonymous), in denen sie sich gegenseitig unterstützen und Wege finden können, ihre Sexualität in gesunde Bahnen zu lenken.
- Lebensstiländerungen:
- Stressmanagement, regelmäßige Bewegung und ein gesundes soziales Umfeld können dazu beitragen, das übermäßige sexuelle Verlangen zu kontrollieren. Das Entwickeln neuer Hobbys und Interessen kann helfen, den Fokus von sexuellen Aktivitäten zu verschieben.
Fazit
Gesteigertes sexuelles Verlangen kann eine schwere Belastung für Betroffene sein, da es oft zu Problemen in Beziehungen, im Berufsleben und im emotionalen Wohlbefinden führt. Es handelt sich um eine komplexe Störung, die psychologische, soziale und biologische Ursachen haben kann. Eine ganzheitliche Behandlung, die sowohl psychotherapeutische als auch medizinische Ansätze umfasst, kann dabei helfen, ein gesünderes und ausgewogeneres Verhältnis zur eigenen Sexualität zu entwickeln.