Was sind bipolare Störungen?

Bipolare Störungen

Was sind bipolare Störungen?

Bipolare Störungen, auch als manisch-depressive Erkrankung bezeichnet, sind psychische Erkrankungen, die durch extreme Stimmungsschwankungen gekennzeichnet sind. Diese Stimmungsschwankungen reichen von Manie oder Hypomanie (extreme Hochphasen) bis zu Depressionen (extreme Tiefphasen). Die Stimmung wechselt dabei zwischen extremen Höhen und Tiefen, was das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen kann.

Hauptmerkmale der bipolaren Störung

Die bipolare Störung umfasst zwei Hauptstimmungen:

  1. Manische oder hypomanische Episoden:

    • Manie ist eine Phase extremer Hochstimmung, Energie und oft auch übermäßiger Aktivität. In dieser Phase fühlen sich Betroffene häufig euphorisch, sehr optimistisch oder reizbar. Sie haben möglicherweise eine übertriebene Vorstellung von ihren Fähigkeiten, handeln impulsiv und treffen oft riskante Entscheidungen, wie zum Beispiel übermäßiges Geldausgeben, riskantes Fahrverhalten oder überstürzte berufliche und persönliche Entscheidungen.
    • Hypomanie ist eine mildere Form der Manie. Die Symptome sind ähnlich, aber weniger stark ausgeprägt und führen oft nicht zu schwerwiegenden sozialen oder beruflichen Problemen. Dennoch ist auch Hypomanie ein ernstes Zeichen einer bipolaren Störung.

    Typische Symptome der Manie sind:

    • Übersteigerter Optimismus, Selbstbewusstsein oder Größenwahn
    • Geringes Schlafbedürfnis
    • Rasende Gedanken und schnelle Rede
    • Leicht ablenkbar sein
    • Übertriebene Risikobereitschaft und impulsives Verhalten
  2. Depressive Episoden: In dieser Phase erleben Menschen starke Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit und Erschöpfung. Diese Phase ähnelt einer klassischen Depression und kann zu ernsthaften Problemen führen, einschließlich Selbstmordgedanken oder -handlungen.

    Typische Symptome der Depression sind:

    • Anhaltende Traurigkeit oder Leere
    • Interessenverlust an Aktivitäten, die früher Freude bereiteten
    • Geringe Energie oder Müdigkeit
    • Schlafstörungen (zu wenig oder zu viel Schlaf)
    • Konzentrationsschwierigkeiten
    • Schuldgefühle oder Gefühle der Wertlosigkeit
    • Gedanken an den Tod oder Suizid

Formen der bipolaren Störung

Es gibt verschiedene Arten der bipolaren Störung, abhängig von der Art und Intensität der Episoden:

  1. Bipolar-I-Störung:
    • Gekennzeichnet durch mindestens eine manische Episode, die in der Regel mehrere Wochen andauert. Zwischen den manischen Phasen treten oft depressive Episoden auf, aber dies ist nicht zwingend notwendig für die Diagnose.
  2. Bipolar-II-Störung:
    • Bei dieser Form wechseln die Betroffenen zwischen depressiven Episoden und Hypomanie (mildere Form der Manie). Im Gegensatz zur Bipolar-I-Störung erleben sie keine voll ausgeprägte Manie.
  3. Zyklothyme Störung:
    • Dies ist eine mildere Form der bipolaren Störung, bei der die Betroffenen über längere Zeiträume schwankende Stimmungen zwischen Hypomanie und leichter Depression erleben, aber die Symptome nicht stark genug sind, um als vollwertige manische oder depressive Episoden diagnostiziert zu werden.
  4. Schnell wechselnde bipolare Störung:
    • Menschen mit dieser Form der bipolaren Störung erleben vier oder mehr Episoden von Manie, Hypomanie oder Depression innerhalb eines Jahres. Dies ist eine besonders schwierige Form, da die Stimmungsschwankungen schneller und intensiver sind.

Ursachen der bipolaren Störung

Die genauen Ursachen der bipolaren Störung sind noch nicht vollständig geklärt, aber mehrere Faktoren spielen wahrscheinlich eine Rolle:

  • Genetische Veranlagung: Menschen, deren Familienmitglieder eine bipolare Störung haben, haben ein höheres Risiko, ebenfalls daran zu erkranken.
  • Chemisches Ungleichgewicht im Gehirn: Neurotransmitter (Botenstoffe im Gehirn) wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin spielen eine Rolle bei der Regulation von Stimmung und Emotionen. Ein Ungleichgewicht dieser Stoffe kann bipolare Episoden auslösen.
  • Umweltfaktoren und Stress: Traumatische Erlebnisse, chronischer Stress oder belastende Lebensereignisse können bei genetisch veranlagten Menschen eine bipolare Störung auslösen.

Komorbiditäten der bipolaren Störung

Die bipolare Störung geht häufig mit anderen psychischen Erkrankungen einher. Zu den häufigsten Komorbiditäten zählen:

  1. Angststörungen: Generalisierte Angststörungen, Panikstörungen oder soziale Phobien treten bei vielen Patienten mit bipolarer Störung auf. Diese Ängste können während depressiver Phasen oder auch als konstante Begleiter in den symptomfreien Intervallen auftreten.
  2. Substanzmissbrauch: Etwa 50 % der Betroffenen entwickeln eine Abhängigkeit von Alkohol oder Drogen. Dies kann ein Versuch sein, die extremen Stimmungsschwankungen zu kontrollieren oder die Auswirkungen der intensiven Hoch- und Tiefphasen abzudämpfen.
  3. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS): Sowohl ADHS als auch bipolare Störungen beinhalten Impulsivität und Stimmungsschwankungen, weshalb sie oft gemeinsam auftreten. ADHS kann die Symptomatik der bipolaren Störung verstärken und die emotionale Stabilität weiter belasten.
  4. Essstörungen: Anorexie, Bulimie oder Binge-Eating-Störungen sind bei Patienten mit bipolarer Störung häufiger als in der Allgemeinbevölkerung. Das Auf und Ab der Stimmung kann das Essverhalten beeinflussen, besonders in manischen oder depressiven Phasen.
  5. Persönlichkeitsstörungen: Besonders Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) tritt bei Menschen mit bipolarer Störung häufiger auf. Beide Erkrankungen haben Gemeinsamkeiten in den Symptomen der emotionalen Instabilität und Impulsivität, wodurch die Abgrenzung und Diagnose oft erschwert wird.
  6. Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Personen mit bipolarer Störung, die traumatische Ereignisse erlebt haben, entwickeln häufiger PTBS. Die Stimmungsschwankungen der bipolaren Störung können durch das Trauma verstärkt werden und die Rückkehr zu einer stabilen psychischen Gesundheit erschweren.
  7. Zwangsstörungen: Obsessive-Compulsive Disorder (OCD) tritt ebenfalls gehäuft bei bipolaren Patienten auf. Die Symptome können in Phasen stärker werden, da die depressive oder manische Phase die Angst und Kontrollbedürfnisse verstärken kann.

Behandlung der bipolaren Störung

Die bipolare Störung kann nicht geheilt werden, aber sie kann gut behandelt werden, um die Symptome zu lindern und den Betroffenen ein stabileres Leben zu ermöglichen. Eine Kombination aus Medikamenten und Therapie ist dabei oft der effektivste Ansatz.

  • Medikamente: Zu den gängigen Medikamenten gehören Stimmungsstabilisatoren wie Lithium, Antikonvulsiva (Medikamente gegen Krampfanfälle, die auch zur Stimmungsstabilisierung verwendet werden) und manchmal Antidepressiva oder Antipsychotika, um depressive oder manische Episoden zu behandeln.
  • Psychotherapie: Verhaltenstherapie, Psychoedukation (Lernen über die eigene Erkrankung) und Familientherapie helfen, besser mit der Erkrankung umzugehen und Rückfälle zu verhindern.
  • Lebensstiländerungen: Eine regelmäßige Routine, ausreichend Schlaf, Stressmanagement und der Verzicht auf Alkohol oder Drogen können die Stabilität unterstützen.

Fazit

Bipolare Störungen sind ernsthafte psychische Erkrankungen, die das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen können. Mit der richtigen Behandlung und Unterstützung können viele Menschen jedoch ein stabiles und erfülltes Leben führen. Es ist wichtig, die Krankheit früh zu erkennen und eine kontinuierliche Betreuung sicherzustellen, um die extremen Stimmungsschwankungen zu minimieren.


ARD alpha - Mediathek / Video

Anders im Kopf - Neurodiversität als Stärke


 

Zum Vorlesen bitte unten klicken: